Ab in den Süden auf der weltbekannten Carretera Austral. Sie führt durch Fjorde, vorbei an massiven Gletschern, entlang wilder Natur sowie durch kleine verschlafene Dörfchen. Zehn abenteuerliche Tage inklusive einer stürmischen Fährfahrt, zwei platten Reifen und Unmengen an Regen.
Patagonien ist bekannt für stürmisches und unvorhersehbares Wetter. So ist es keine Überraschung, dass die ganze Region wolkenverhangen ist, als wir die Carretera Austral erreichen. Zum Glück haben wir so oder so geplant, den Nachmittag in den «Termas del Sol» im kleinen Ort Puelo zu verbringen. Die Anlage ist perfekt in die Natur eingebettet und bietet Entspannung in zehn thermischen Pools. Je nach dem, welchen man besucht, ist das Wasser angenehm temperiert, eiskalt oder heiss. Ein guter Zeitvertreib, an diesem trüben Nachmittag. Der einzige Wermutstropfen ist der Preis. Dieser ist in den letzten Jahren massiv angestiegen und mit fast 45 Franken pro Person auch für Chile sehr hoch. Nach einem anfänglichen Schock, geniessen wir trotzdem einige entspannende Stunden. Danach fahren wir zu unserem Übernachtungsplatz neben einem Fluss.


Auf zur Fähre nach Hornopirén
Am nächsten Tag setzen wir unsere Fahrt fort. Leider regnet es immer noch in Strömen und das Wasser hat die Naturstrasse schon ordentlich zerfressen. Sie ist mit Wasser gefüllten Löchern übersäht und an einigen Stellen ziemlich schlammig. Zum Glück ist das letzte Stück der Strecke asphaltiert. So erreichen wir nach einer langen und holprigen Fahrt den kleinen Ort Hornopirén. Von dort aus geht es via Fähre weiter. Diese mussten wir bereits sieben Tage im Voraus buchen, da sie nur wenige Plätze bietet. Um kein Risiko einzugehen, sind wir zwei Tage vor Abfahrt dort. Zum Glück. Denn als wir von unserem Einkauf zurück kommen, finden wir Beat mit einem Platten Reifen vor. Da es bereits Abend ist, können wir diesen nicht mehr reparieren lassen. Wir bocken Beat auf und schlafen auf dem Wagenheber. Am nächsten Morgen tragen wir den Reifen zu einem nahegelegenen Mechaniker, welcher ihn repariert. Danach besuchen wir den lokalen Markt im Ort und flanieren im Regen durch die ausgestorbenen Gassen. Eine grössere Wanderung unternehmen wir wegen des weiterhin trüben Wetters nicht. Wir verkriechen uns in Beat und hoffen, dass der Regen bald nachlässt. Mal sehen, ob Petrus unsere Wünsche erhört.





Mit den Hitchhikers weiter bis nach Chaitén
Auf der Fähre machen wir Bekanntschaft mit drei Jugendlichen von Belgien, welche die Panamericana per Anhalter bereisen. Sie sind auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit bis nach Chaitén. Eigentlich wollten wir nicht so weit fahren, sondern in der Mitte der Strecke eine Wanderung unternehmen. Aber da uns Petrus nicht erhört hat, und es weiterhin wie aus Eimern giesst, lassen wir das. Langsam sind wir etwas genervt vom Dauerregen. Unterwegs lässt sich jeweils nur erahnen, wie schön die Aussicht auf die Berge sein müsste. Auch die Hitchhikers haben ihr Programm aufgrund des Wetters umgestellt. Sie erzählen uns auf der zweistündigen Fahrt von ihrer verrückten Reise. Innerhalb von nur drei Monaten sind sie per Autostopp von Montreal bis nach Chile gereist. Unglaublich! Trotz dem grauenhaften Strassenzustand ist es eine kurzweilige Fahrt. In Chaitén angekommen laden wir die drei Jungs aus und suchen uns einen Schlafplatz. Auf der Carretera Austral darf man überall wild übernachten und so machen wir es auch. Als wir am Abend online das Wetter anschauen, gibt es einen Lichtblick. Morgen sollte es nicht den ganzen Tag regnen.


Der hängende Gletscher von Queulat
Das regenfreie Fenster nutzen wir für eine Wanderung zum hängenden Gletscher von Queulat. Diese führt über eine Hängebrücke durch einen Märchenwald bis hin zum Aussichtspunkt auf den einzigartigen hängenden Gletscher. Es tut richtig gut wieder draussen in der Natur sein. Der Weg ist zwar sehr matschig aber das macht uns nichts aus. Die Flora ist wunderschön. Alles ist mit Moos und Farn überwachsen. Es sieht aus wie in einem Märchenwald. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichen wir die Aussichtsplattform. Von dort aus hat man den perfekten Blick auf den Gletscher. Als sich die Sonne kurz zeigt schimmert er eisig blau. Immer wieder brechen kleinere Stücke ab und tosen zusammen mit den Wasserfällen ins Tal. Ein einzigartiger Anblick. Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher zum Gletschersee bevor es zurück geht zu Beat. Ein toller Ausflug. So haben wir uns das vorgestellt.











Auf direktem Weg zu den Capillas de Marmol
Leider hält das Wetterglück nur kurz an. Bereits am nächsten Tag regnet es wieder in Strömen und die Prognosen für die nächsten zehn Tage sehen auch nicht besser aus. Sogar die Locals raten uns davon ab, Wanderungen zu unternehmen. Schweren Herzens beschliessen wir daher, einige Highlights auszulassen und zwei Tage durchzufahren bis zu den Capillas de Marmol. Dort erwartet uns die Sonne und eine abenteuerliche Schifffahrt. Auf dem Weg holen wir uns dann leider nochmals einen Platten. Als wir an einer Baustellenampel anhalten fuchtelt der Bauarbeiter wie wild mit den Händen und zeigt auf unseren hinteren Reifen. Wir ahnen es schon. Der in Hornopirén reparierte Reifen hat erneut ein Loch. Mitten auf der Strasse und im Matsch bocken wir Beat auf und montieren das Ersatzrad. Glücklicherweise sind wir mittlerweile geübt. Innerhalb von wenigen Minuten ist der Reifen gewechselt. Nun lässt sich nur hoffen, dass wir es mit dem Ersatzreifen bis nach Punta Arenas schaffen. Denn unterwegs wird es unmöglich sein, passende Reifen zu finden.Wir lassen nochmals etwas mehr Luft raus und erreichen so unversehrt den Ort Puerto Tranquilo am Ufer des Lago General Carrera. Dort befindet sich der Ausgangspunkt für die Exkursionen zu den Marmorhöhlen.
Mindestens ein platter Reifen gehört auf der Carretera Austral zum guten Ton, hat man uns gesagt. Na, wenn das so ist. 🙂
Wir buchen die Tour für den nächsten Morgen. Als wir aufstehen scheint die Sonne. Perfekt! Ausgerüstet mit Schwimmweste steigen wir in das Boot. Der Wellengang auf dem See ist beträchtlich und die Guides informieren uns, dass die Fahrt abenteuerlich werden könnte. Das war eine Untertreibung. Denn nach rund zehn Minuten gibt der Motor unseres Bootes den Geist auf. Wir treiben im Wasser und werden von den Wellen ordentlich durchgeschüttelt. Alle Versuche der Crew, das Boot wiederzubeleben, scheitern. Was nun? Wir werden von einem anderen Boot abgeschleppt. Das klappt zum Glück ohne Probleme und die ganze Gruppe nimmt das Malheur mit Humor. Nach einer Stunde sitzen wir in einem neuen Boot und brechen nun tatsächlich auf. Das Wasser ist eisblau und die Aussicht auf die umliegenden Berge malerisch. Der Wind pfeift uns um die Ohren und das Wasser klatscht uns ins Gesicht. Die Wellen sind nicht kleiner geworden und es schlägt mächtig. Angekommen bei den Höhlen ist der Seegang zum Glück deutlich ruhiger. Wir können in die Höhlen reinfahren und die verschiedenen Gesteinsschichten und Formationen bewundern. Ein Wunder der Natur! Über mehr als 6000 Jahre lang hat das Wasser das Gestein geschliffen und so diese einzigartigen Höhlen geschaffen. Definitiv ein Besuch wert und ein weiteres Highlight auf der Carretera Austral. Bevor wir zurückkehren, bringen wir drei Reisende an Land. Sie fühlen sich nicht der Lage die Rückfahrt im Boot zu meistern und werden mit dem Auto zurückgebracht. Danach stechen wir in See. Mit der Kapuze fest über den Kopf gezogen, fahren wir über den rauen See. Es fühlt sich ein bisschen an wie auf einer Achterbahn. Wir krallen uns am Bootsrand fest und geniessen die rasante Fahrt.








Die letzte Etappe
Nach nur acht Tagen sind wir nun schon fast am Ende der Carretera Austral. Die letzte Etappe führt dem Lago General Carrera entlang bis nach Argentinien. Es ist der grösste See Chiles. Der östliche Zipfel des Sees liegt aber in Argentinien. Dort wollen wir über die Grenze. Ein würdiger Abschluss. Für einmal scheint die Sonne und wir haben einen wunderbaren Ausblick auf den eisblauen See und die umliegende Landschaft. Langsam und äusserst vorsichtig fahren wir der einem Waldweg ähnelnden Strasse entlang bis nach Chilechico. Nächster Stopp: Das Wanderparadies El Chaltén.