Nach zehn Tagen Regen auf der Carretera Austral freuen wir uns wie kleine Kinder auf das bevorstehende gute Wetter. Die nächsten Tage verbringen wir im Wanderparadies El Chaltén. Von dort aus geht es weiter nach El Calafate und schliesslich zum Gletscher Perito Moreno.
Die Stimmung auf dem Weg nach El Chaltén ist ausgelassen. Endlich ist das Wetter wieder auf unserer Seite. Gemäss Prognose stehen uns vier sonnige Tage bevor. Richtig warm wird es zwar nicht, aber das stört uns nicht. Hauptsache Sonne und klare Sicht. Die Strecke ins Wanderparadies von Argentinien führt stundenlang durch die Pampa. Die einzige Abwechslung bieten die Guanacos, welche mit ihren Jungtieren durch die öde Landschaft galoppieren. Und dann taucht er plötzlich in der Ferne auf, der bekannteste Berg Argentiniens. Mit seinen kantigen, schneebedeckten Türmen wirkt er schon fast etwas bedrohlich. Bienvenidos a El Chaltén.

Wandermarathon rund um den Fitz Roy
Wir parkieren Beat auf dem Gratisparkplatz neben dem Informationszentrum und machen uns schlau, welche Wanderungen wir unternehmen können. Eine davon soll mehrtägig sein. In Santiago de Chile haben wir uns endlich ein Zelt, Schlafsäcke und einen Kocher gekauft. So sind wir flexibel und müssen nicht immer etwas ausleihen. Die Beratung durch die Parkrangerin ist perfekt und so ist es schnell entschieden. Als erstes geht es in einer Zweitageswanderung zur «Laguna de los Tres» sowie zur Gletscherlagune Toro und am dritten Tag dann noch zum «Loma del Pliegue Tumbado». So können wir den Fitz Roy von allen Seiten bewundern.


Testlauf für unser neues Zelt
Die erste Etappe der Zweitageswanderung führt uns durch einen hübschen Wald an den Fuss des Fitz Roys. Dort schlagen wir unser Nachtlager auf. Es windet und nieselt leicht. Mal schauen, ob sich unser günstiges Zelt unter diesen Bedingungen bewährt. Beim Auspacken des Equipments merke ich, dass wir den Kochtopf vergessen haben. Nicht gerade praktisch, wenn man Pasta kochen möchte. Zum Glück sind wir nicht die einzigen, die hier übernachten. Schlimmstenfalls könnten wir eine Pfanne ausleihen. Während Bryan das Zelt fertig aufstellt, suche ich das Plumpsklo im Wald und finde auf dem Weg eine zurückgelassene Pfanne inklusive Schwamm und Deckel. Es scheint, als wäre das Karma auf unserer Seite. Bryan staunt nicht schlecht, als ich wenige Minuten später mit der Pfanne in der Hand zurückkomme. Unserer Pasta-Party steht nichts mehr im Weg. Wir essen bereits um sechs Uhr und verkriechen uns ins Zelt. Morgen geht es um 04:30 weiter. Früh ins Bett zu gehen, ist daher nicht die schlechteste Idee.








Sonnenaufgang inklusive Eisregen
Am nächsten Morgen brechen wir gemeinsam mit Rob aus dem Nachbarszelt um 04:45 auf zur Laguna de los Tres auf. Auf dem Weg merken wir, dass der Sonnenaufgang früher ist als gedacht. Bryan und Rob sprinten den Gipfel hoch und schaffen es tatsächlich rechtzeitig. Ich treffe zehn Minuten später ein. Das Licht ist weich und warm und der Fitz Roy wird angeleuchtet. Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt. Besonders gemütlich ist es auf dem Gipfel jedoch nicht. Der harsche Wind peitscht uns gefrorene Regentropfen ins Gesicht und die Sonne hat noch zu wenig Kraft, um uns zu wärmen. Wir geniessen den magischen Anblick und treten dann nach kurzer Zeit den Abstieg an. Zurück im Camp gibt es Frühstück bevor wir die nächsten 20 Kilometer zur Gletscherlagune in Angriff nehmen.





Glitzernde Eisschollen und stürmischer Wind
Zum Glück kämpft sich die Sonne zwischen den Wolken hindurch und wärmt uns auf dem Weg zu Lagune Nummer zwei. Bevor dort ein erneuter Anstieg ansteht, essen wir unsere Sandwichs und verstecken die Rucksäcke im Gebüsch. So müssen wir diese nicht zur Lagune tragen, sondern können sie auf dem Rückweg ins Dorf wieder mitnehmen. Eine weise Entscheidung. Denn auch auf dieser Strecke weht wieder der patagonische Wind. Teilweise ist es auf der Krete um die Lagune kaum möglich, zu laufen.
Windböen von rund 80 Stundenkilometer sind in Patagonien keine Seltenheit. Besonders im Frühling und Sommer.
Die Windböen, bringen uns immer wieder vom Pfad ab. Schritt für Schritt arbeiten wir uns zum Ufer der Lagune vor. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und den Kopf zum Boden geneigt. Angekommen setzen wir uns in den Windschatten eines grossen Steins und bewundern die glitzernden Eisschollen im Wasser der Lagune. Im Hintergrund einmal mehr der Fitz Roy. Dieses Mal etwas wolkenverhangen, aber nicht weniger beeindruckend. Wir sind fasziniert von diesem kantigen Bergmassiv und der wunderschönen Umgebung. Nach einem dreistündigen Abstieg treffen wir wieder bei Beat ein und lagern die Füsse hoch. Schliesslich steht morgen nochmals eine Tageswanderung an.


Abschlusswanderung zum Loma del Pliegue Tomado
Die letzte Wanderung kommt uns vor wie ein Kinderspiel. Dieses Mal sind wir nur mit einem leichten Tagesrucksack unterwegs. So ganz ohne Gewicht erreichen wir den Aussichtspunkt innerhalb von drei Stunden. Neben dem Blick auf die Berge bietet dieser Gipfel zusätzlich einen wunderbaren Panoramablick über die ganze Region. Der perfekte Abschluss unseres Wandermarathons. Am Abend fahren wir vom kostenlosen Parkplatz noch zum im Dorf gelegenen Camping und geniessen dort eine wohlverdiente warme Dusche.




El Calafate und Perito Moreno
Etwas reumütig verlassen wir El Chaltén. Mit den kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten sowie den vielen wunderschönen Pfaden ist es ein absolutes Camper- und Wanderparadies. Trotzdem zieht es uns weiter in Richtung Süden. Bevor es zum Gletscher Perito Moreno geht, übernachten wir im hübschen Ort El Calafate. Dort gönnen wir uns nach so viel Anstrengung ein leckeres Abendessen und ein gutes Glas Wein. Der Gletscher Perito Moreno ist nicht nur wegen seiner Grösse berühmt, sondern, weil er als einer der einzigen weltweit wächst. Warum, das weiss niemand so genau. Während unseres Besuchs können wir beobachten, wie Eisschollen abbrechen und ins Wasser stürzen. Begleitet wird dies von einem lauten Grollen. An der dicksten Stelle ist die in den Gletschersee auslaufende Zunge bis zu 80 Meter hoch. So etwas haben wir noch nie gesehen. Von den Holzstegen aus, kann man den Gletscher von allen Seiten bewundern. Auf eine Bootsfahrt verzichten wir. Der Anblick vom Steg aus, ist eindrücklich genug.










Unglaublich schöne Bilder und ein tolles Bericht. Danke, das ich das alles mit Euch vom Sofa aus erleben kann :-).
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Vielen Dank 🙂 es freut uns, dass wir etwas Abenteuer aufs Sofa bringen können. Bis bald, Bryan & Bianca
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