Pleiten, Pech und Panama

Das letzte Land in Mittelamerika sollte Panama sein. Ein Land, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Leider nicht positiv. Aber mehr dazu später. Wir überquerten die Grenze ganz im Norden des Landes bei der Karibikküste. Von dort aus ging es auf die berühmten Inseln Bocas del Toro, ins Wanderparadies El Valle de Antón und schliesslich nach Panama City zur Verschiffung.

Nach einem mehr oder weniger einfachen Grenzübergang fuhren wir voller Elan los Richtung Almirante. Dort wollten wir einmal übernachten und danach mit der Fähre auf die schöne Insel Bocas del Toro. Um dort hin zu gelangen stand eine Fahrt durch die Hügel Panamas bevor. Aber bereits bei den ersten etwas steileren Etappen kurz nach der Grenze wollte Beat nicht mehr. Die Tourenzahl fiel trotz runterschalten immer weiter, bis wir schliesslich am Hang zum stehen kommen. Anfahren ist nicht mehr möglich, auch nachdem wir den kompletten Wassertank geleert haben. Uns bleibt nichts anderes übrig als ein Stück rückwärts zu rollen und in einem unmöglichen Manöver zu wenden. Vermutlich war die Strasse einfach zu steil denken wir uns. In den letzten Wochen haben wir das ja immer Mal wieder erlebt. Wir fahren zurück und wählen eine fast flache Alternativroute. Trotzdem erholt sich Beat nicht. Auf einem geraden Stück auf der Autobahn bleiben wir erneut stehen. Mehrfach versuchen wir anzufahren, aber nach einem kurzen Lebenszeichen stellt der Motor immer wieder ab. Es gibt kein Weiterkommen mehr. Der Beginn einer zehntägigen Odyssee.

Nur einige Minuten nach dem Aufstellen des Pannendreiecks halten zwei Lastwagenfahrer an. Sie weisen uns darauf hin, dass wir hier auf keinen Fall bleiben können. Denn sobald es dunkel wird, sei es sehr gefährlich und wir mit unserem gelben Bus leichte Beute. Sie schauen sich den Motor an und wollen helfen. Aber auch sie schaffen es nicht den Motor zu starten und können die Ursache nicht eruieren. Wir schieben Beat zu dritt einmal quer über die Autobahn, denn wir müssen wieder zurück in die Grenzstadt Changuinola. Als wir zumindest in die richtige Richtung stehen, versucht der Lastwagenfahrer loszufahren. Bryan und ich schieben und springen rein. Doch weiter als ein paar Meter schaffen wir es auch so nicht. Wir betteln ihn an, dass er uns abschleppt. Was er schliesslich widerwillig macht. Als wir dann nach einigen Minuten von der Polizei angehalten werden, wissen wir auch warum er sich so gesträubt hat. Scheinbar ist es in Panama illegal, jemanden privat abzuschleppen. Zumindest mit einem Lastwagen. Wir müssen den Abschleppservice anrufen, Beat wird verladen und zur Garage des Abschleppservice gebracht. Dort verbringen wir die Nacht.

Eine erste Diagnose

Am nächsten Tag schauen sich die Mechaniker der Werkstatt den Motor an und lesen mit einem Auslesegerät den Fehlerspeicher aus. Parallel dazu kontaktieren wir unseren Garagisten in der Schweiz und fragen nach seinem Rat. Gemäss Fehlerspeicher stimmt das Luft-Dieselgemisch nicht. Die Mechaniker in Panama schliessen daraus, dass der Luftmassenmesser kaputt sei. Da Fiat in Panama nicht wirklich verbreitet ist, gibt es in der Nähe keine Ersatzteile. Das Teil muss in Panama City bestellt werden und kann erst in vier Tagen geliefert werden. DHL oder Express scheinen sie hier nicht zu kennen…Langsam aber sicher werden wir nervös. Denn in 10 Tagen müssen wir in Colón das Auto für die Verschiffung abgeben und bis dahin sind noch 800 Kilometer zu fahren. Zudem ist unser Garagist aus der Schweiz ganz anderer Meinung. Alle seine Hinweise werden aber von den Mechanikern hier gekonnt ignoriert.

Wir verbringen noch eine weitere unangenehme Nacht in der Garage. Es ist heiss, stickig und dreckig. In der Zwischenzeit wird das Ersatzteil bestellt und wir entscheiden uns für 4 Tage mit dem Bus und Schiff nach Bocas del Toro zu fahren, anstatt in der Garage auf das Ersatzteil zu warten. Etwas Ablenkung tut uns sicherlich gut.

Traumstrände auf Bocas del Toro

Bocas del Toros ist eine Inselgruppe im karibischen Meer vor Panama. Bekannt sind die Inseln vor allem für die wunderschönen Strände. Zu Recht. Wir verbringen zwei Nächte in einem Bungalow mit traumhafter Aussicht aufs Meer. Der dem Hotel zu Füssen liegende Strand Playa Bluff ist einer der schönsten Strände, die wir auf unserer Reise gesehen haben. Es gelingt uns einigermassen abzuschalten.

Bevor es wieder zurück in die Garage geht unternehmen wir noch einen Ausflug zum Red Frog Beach. Dieser liegt auf einer anderen Insel und beheimatet winzige, knallrote Frösche. Mal schauen ob wir diese finden. Das Speedboat lädt uns an einem Steg hinter dem Strand ab. Nach einem kurzen Fussmarsch erreichen wir den Strand. Wir legen unsere Strandtücher aus und machen uns sogleich auf die Suche nach den Namensgebern des Strandes. Direkt im Dschungel hinter dem Strand sollen sie sich verstecken. Nach einer Sandstrasse folgen mehrere sumpfige Pfade. Nicht nur Frösche scheint es hier zu geben, sondern auch hunderte von Mücken. Innert Sekunden werden wir zerstochen. Als sich dann aber der erste rote Frosch zeigt, ist uns das egal. Plötzlich sind sie überall. Lediglich so gross wie ein Daumen und tatsächlich knallrot mit schwarzen Punkten. Dafür nehmen wir gerne ein paar Stiche in Kauf. Danach geniessen wir am Strand noch ein kühles Bier und die Sonne, bevor es wieder zurück auf die Hauptinsel geht.

Hilfe aus der Hauptstadt und von zu Hause

Als wir nach 4 Tagen wieder in Changuinola eintreffen ist das Ersatzteil vor Ort. Die Stimmung ist angespannt. Vor unseren Augen bauen sie den neuen Luftmassenmesser ein. Der Moment der Wahrheit steht bevor. Nun sollte sich der Motor ohne Probleme starten lassen. Leider ist dies nicht der Fall. Beim bestellten Teil handelt es sich um eine chinesische Kopie, die nicht für unser Fahrzeug geeignet ist. Nun können wir unseren Frust nicht mehr zurückhalten. Insbesondere, da sich scheinbar niemand für diesen Fehler, welcher uns vier Tage gekostet hat, verantwortlich fühlt. Nach mehreren Diskussionen mit dem Chef der Garage beschliessen wir, dass wir hier nicht weiterkommen. Aber wie weiter?

Die am schlechtesten ausgebildeten Mechaniker findet man in Panama.

Da sich der Motor nicht starten lässt, sind wir in Changuinola gefangen. In unserer Verzweiflung wenden wir uns an die Overlander Embassy in Panama City und erhalten einen guten Tipp für einen Mechaniker in David. Einziges Problem: David ist fast 600 Kilometer entfernt. Wir spielen mit dem Gedanken uns für 400 Dollar abschleppen zu lassen. Doch bevor wir das in Betracht ziehen, rufen wir den Mechaniker Erick in David an und schildern unser Problem im Detail. Zum Glück, denn er hat einen Kontakt in Changuinola und bietet uns an, diesen Mechaniker aus der Ferne zu coachen. Unsere beste Option. Wir lassen uns erneut abschleppen und quartieren uns in der Garage von Freddy Krüger ein. Kein Scherz, er hat seine Garage tatsächlich so benannt. Hoffen wir, dass sich der Albtraum hier nicht fortsetzt. Mein Vater macht sich in der Schweiz in der Zwischenzeit noch auf den Weg in eine Fiat Garage und erhält dort auch noch gute Tipps, was geprüft werden soll. Per Zufall war der Mechaniker in dieser Garage erst kürzlich für längere Zeit in Panama und rät uns, allen genau auf die Finger zu schauen. Gemäss seinen Erfahrungen gibt es in Panama sehr viele schlechte Mechaniker. Jetzt einfach nicht die Hoffnung verlieren.

Mit den Tipps unseres Garagisten aus Oerlikon, den Anweisungen von Erick aus David und den Empfehlungen der Fiat Garage in der Schweiz haben wir für Freddy eine Liste zusammengestellt. Er macht sich sofort an die Arbeit und prüft Punkt für Punkt. Als er schliesslich die Auspuffanlage abhängt, springt der Motor sofort an. Wir haben das Problem gefunden. Der Dieselpartikelfilter ist komplett verstopft. Reinigen lässt sich dieser nicht mehr und so bleibt uns nur die Option, den Filter zu entfernen. Da es in Mittel- und Südamerika keine Vorschriften in Bezug auf Abgaswerte gibt, werden hier keine solchen Filter verbaut. Zudem stellen diese wegen der schlechten Dieselqualität ein Risiko dar. Von Hand spitzen Freddy und sein Team den Inhalt des Filters raus und bauen diesen leer wieder ein. Bei der Probefahrt trauen wir unseren Augen und Ohren nicht. Beat fährt besser als am ersten Tag. Erst jetzt wird uns bewusst, dass die Leistung vermutlich mit jeder Tankfüllung stetig abgenommen hat. In Reisforen lesen wir dann, dass viele den Dieselpartikelfilter schon vor der Reise entfernen lassen. Zuhause gibt es aber nur wenige Garagen die das anbieten, da es in Europa illegal ist. Wir sind einfach nur froh, dass unser Beat wieder fährt. Auch wenn er jetzt eine Dreckschleuder ist. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an die Overlander Embassy, Erick Chavez aus David, Herr Gajic in Oerlikon, meinen Papi und die Fiat Garage in der Schweiz.

Wanderparadies Valle de Anton

Am selben Tag werden wir informiert, dass sich die Verschiffung um drei Tage verschiebt. Das gibt uns etwas Zeit, trotzdem noch etwas von Panama zu entdecken. Es geht in das Wander- und Vogelparadies Valle de Anton. Dort verbringen wir zwei Tage auf dem idyllischen Campingplatz von Mario, beobachten Vögel und unternehmen eine Wanderung zum Cara de Iguana (Echsengesicht).

Jetzt aber schleunigst auf nach Panama City. Dort steht die Zollinspektion für die Verschiffung an. Vorher verbringen wir aber noch eine Nacht direkt am Panamakanal mit unseren Reisefreunden Nadine und Tom aus Bern und erkunden die wenigen schönen Flecken in Panama City. Wirklich warm werden wir mit dieser Stadt nicht. Zu gross ist der Graben zwischen Arm und Reich. Schockiert sind wir auch vom Viertel, in welchem sich die Zollinspektion befindet. Als Nadine und ich die Papiere für die Verschiffung abholen, werden Bryan und Tom von einem Anwohner darauf hingewiesen, dass sie zu Ihrer persönlichen Sicherheit lieber etwas bezahlen müssen. In den verlotterten Gebäuden gegenüber wohnen bewaffnete Gangmitglieder und wir wollten ja nicht angeschossen werden. Wir bezweifeln zwar, dass dies stimmt, kaufen ihm aber zur Sicherheit trotzdem etwas ab und machen uns schnellstmöglich aus dem Staub.

Am nächsten Tag fahren wir dann gemeinsam nach Colón, um die Fahrzeuge in den Container zu verladen. Ähnlich wie auch bei den Grenzübertritten läuft alles eher etwas chaotisch ab. Aber nach rund drei Stunden sind die Autos verladen und wir haben alle notwendigen Papiere. Beat passt haargenau in den Container. Nach dem Festzurren bleibt links und rechts so wenig Platz, dass die Arbeiter über das vordere Fenster einsteigen müssen und den Container dann über die Hecktüren verlassen. Wir schauen zu wie der Container mit einem Bolzen definitiv verschlossen wird und kehren dann zurück nach Panama City.

Der Flug nach Cartagena ist gebucht und wir freuen uns Panama zu verlassen. Doch so einfach lässt uns dieses Land nicht gehen. Als wir am Flughafen einchecken möchten, akzeptiert die Fluggesellschaft unsere Verschiffungspapiere nicht. Um nach Kolumbien einzureisen, benötigt man einen Ausreiseflug. Diesen haben wir natürlich nicht, da wir ja mit dem Auto reisen. Trotz Zollpapieren und Stempel im Pass weigert sich die Angestellte am Schalter partout uns boarden zu lassen. Wir verpassen den Flug. Zwei Tage später versuchen wir es nochmals, dieses Mal ausgerüstet mit Fake-Flugtickets. Natürlich möchte diese jetzt plötzlich niemand mehr sehen. Aber egal, Hauptsache weg hier. Südamerika wir kommen!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s